Forschung: Wie Studenten der ETH Zürich die Physik besiegen
Der Spurt von 0 auf 100 km/h ist im legendären Autoquartett immer ein Gewinner. Je schneller desto besser. Allgemein bekannt ist mittlerweile auch, dass schnellste Sprints in der Regel nur mit Elektrofahrzeugen möglich sind. Denn nur beim Elektromotor liegt das volle Drehmoment von Anfang an. Wäre da nicht die Physik, würden viele derzeit bezahlbare Stromer den Spurt in Nullkommanix absolvieren.
Es gibt natürliche Grenzen
Die natürliche Grenze für schnelleres Beschleunigen ist die Haftung der Reifen. Die müssen nämlich die Antriebsleistung auf die Straße bringen. Reibungskoeffizienten des Asphalts und Gummimischungen setzen da eine natürliche Grenze. Wenn die Haftung versagt, drehen die Reifen einfach nur durch und der Vortrieb bleibt weitgehend aus. Das brachte viele Tüftler auf die Idee, bei der Haftung nachzuhelfen. Beispielsweise durch Unterdruck.
Formel-1-Renner sind bekanntlich mit Flügeln ausgerüstet, damit der Abtrieb die Fahrzeuge in Kurven und auf Gerade besser auf die Fahrbahn drückt. Das Resultat sind vor allem höhere Kurvengeschwindigkeiten. Beim Spurt von 0 auf 100 sind die Formel-1-Renner aber eher lahm. Um die zweieinhalb Sekunden brauchen die Boliden. Das macht bereits ein Tesla Model S Plaid auf vorbereitetem Untergrund und mit angemessenen Reifen besser, auch wenn die versprochenen 2 Sekunden nur mit einem Trick funktionieren.
McMurtry Speírling und der AMZ-Renner
Natürlich gibt es das Prinzip des Unterdrucks nicht nur beim Akademischen Sportverein Zürich (AMZ), der gerade mit seinem Forschungsrenner „Mythen WR“ einen neuen Weltrekord aufgestellt hat. Nur 0,956 Sekunden vergingen beim Spurt von 0 auf 100 km/h. Dass dieses Beschleunigungsgefühl auch mit physischen und psychischen Belastungen einhergeht, dürfte niemand überraschen. Die Höchstbeschleunigung bei dem Fahrzeug lag bei 3,81 g, das ist fast die vierfache Erdbeschleunigung.
Witzigerweise sind die 100 km/h bereits nach nur 12,24 Metern erreicht, das lässt sogar eingefleischte Motorjournalisten nicht kalt. Der Youtuber Tom Scott zeigt das eindrucksvoll, denn offenbar ist diese Beschleunigung auch furchteinflößend. Diese einzigartige Leistung brachte dem Fahrzeug einen Eintrag im Guinness Buch der Weltrekorde als „schnellste 0-100 km/h Beschleunigung eines elektrischen Autos“ ein.
Der Forschungsrenner ist natürlich ein Einzelstück. Ganz anders der McMurtry Speírling. Der moderne „Sucker Car“ verfügt über elektrisch angetriebene Ventilatoren die mit Drehzahlen von über 23.000 Umdrehungen die Minute den Einsitzer auf der Straße regelrecht ansaugen. Die Ventilatoren sind so stark, dass der Speírling sogar an der Decke fahren könnte. Zwar schafft der Brite den Spurt nur in 1,461 Sekunden, dafür ist der Renner auch für Rennstrecken gebaut. Die Seitenbeschleunigung in Kurven beträgt dabei bis zu 2,83 g. Und: man kann den Speírling für rund 820.000 Pfund sogar kaufen.
e-engine meint: Ohne artifizielles „Ansaugen“ auf den Untergrund sind die Superbeschleunigungen physikalisch nicht möglich. Auch der „Mythen“ aus der Schweiz arbeitet nach diesem Prinzip. Ohne diese Hilfmittel hält derzeit ein anderer Superracer den Rekord: der Rimac Nevera. Der braucht ohne aktive Ansaugtechnologie nur 1,81 Sekunden von 0 auf 100 km/h und beweist, dass auch hier sich die Grenzen noch verschieben lassen. Derzeit arbeiten die Schweizer übrigens „an der Eroberung der Rennstrecke“ ohne Fahrer. Donnerwetter.