XIAOMI SU7 vs. Tesla Model 3 LR
„Elektroautos sind keine iPhones auf Rädern“. Diese Aussage des ehemaligen BMW-Entwicklungsvorstands, Klaus Fröhlich, stand schon immer auf tönernen Füßen. Das lag daran, weil die Autoindustrie in Deutschland die Digitalisierung der Fahrzeuge komplett verschlafen hatte. Andererseits haben auch Computer-Unternehmen bislang nur mäßige Resultate bei Autos abgeliefert – zuletzt stieg Apple aus der Fahrzeugentwicklung aus. Cupertino hatte sich ziemlich verhoben.
Chinesische Unternehmen sind da aggressiver unterwegs. Nirgendwo gibt es mehr Start-ups, die sich mit der Elektromobilität befassen. Vermutlich wird es auch nirgends mehr Pleiten geben, denn viele der Newcomer verschwinden auch schnell wieder in der Versenkung, wenn das Geld ausgeht – gerade passiert bei HiPhi, wenngleich hier AVATR einspringen könnte. Ganz anders ist das bei großen Computer- und Telekommunikationsunternehmen aus dem Reich der Mitte. XIAOMI hat sich in den letzten Jahren einen Namen gemacht, und sogar Apples iPhone mit seinen Smartphones in China gehörig unter Druck gesetzt. Und letzten Dezember stellte XIAOMI-CEO Lei Jun den „Porsche-Killer“ SU7 vor.
Porsche-Killer?
Lei Jun hielt sich gar nicht erst mit dem Model 3 Teslas auf, sondern verglich den SU7 in seiner Top-Version mit dem Model S und dem Porsche Taycan (–> Bericht). Die Entwicklung des SU7 begann laut Aussagen XIAOMIs bei der Präsentation vor rund 1.000 Tagen. Und nun fahren die ersten Serienfahrzeuge nach nicht einmal 1.100 Tagen auf chinesischen Straßen herum. Eine solche Dynamik sucht man in Deutschland vergebens, und auch Tesla kann hier kaum mithalten, zumal die Chinesen schon ein eSUV als weiteres Modell angekündigt haben.
Echte Konkurrenz?
Andererseits haben in den letzten Jahren zahlreiche „Tesla-Killer“ zum Sprung angesetzt, und alle sind als sprichwörtlicher Bettvorleger an Musks Schlafstätte geendet. Der Vorsprung Teslas blieb bestehen – und mit der Modellpflege des Model 3 „Highland“ rückte das Unternehmen die Bilder wieder gerade. Bis zum Debüt des SU7.
Besser als ein Model 3?
Diese Aussage sollte man mit Vorsicht geniessen, denn die technischen Spezifikationen auf dem Papier sind oft von der Realität eingeholt worden – zugunsten der Fahrzeuge der Musk-Company. Trotzdem beeindrucken die Daten, die der SU7 liefert. Um so mehr übrigens, wenn man sich den Verkaufspreis in China ansieht. Das Topmodell kostet hier knapp über 41.000 Euro, addiert man die 19% MwSt. aus Deutschland hinzu, bleibt das Auto immer noch deutlich unter 50.000 Euro. Da ist dann sogar theoretisch noch Manöviermasse für den Export nach Deutschland vorhanden.
e-engine meint: Ein Unternehmen, das Smartphones fertigt, zeigt den OEMs, wie man in Rekordzeit bezahlbare High-Performance-Stromer entwickelt. Freilich wird der SU7 von einem Auftragsfertiger, hier BAIC, gebaut. Bei BAIC laufen auch Hyundai- und Mercedes-Benz-Fahrzeuge für China vom Band, deshalb dürfte die Verarbeitungsqualität exzellent sein.
Trotzdem ist der Preis eine Ansage, zumal die Ausstattung komplett ist – sogar ein HUD verwöhnt den Piloten. Ein LiDAR, 3 Radar-Sensoren, 11 Kameras und 12 weitere Sensoren sollen beim SU7 für überlegene autonome und ADAS-Fähigkeiten sorgen. Das Topmodel fährt zudem auf einem adaptiven Luftfahrwerk. Die Batterie baut niedriger als bei der Konkurrenz und unterstützt die Struktur des Autos. Mithin ist der SU7 also State-of-the-Art. Das dürfte auch der Grund dafür sein, dass beim Verkaufsstart innerhalb von 24 Stunden 90.000 Order beim Newcomer eingingen.
Jonathan von Cleanerwatt hat sich des Autos angenommen – mit seinem typischen Tesla-Bias. Trotzdem kann auch er sich der Leistung XIAOMIs kaum entziehen, der SU7 scheint eine echte Konkurrenz geworden zu sein. Ob es zum „Tesla-Killer“ reicht? Das müssen die ersten Vergleichstests herausfinden. Die Chancen stehen jedenfalls nicht schlecht.