Dieser Tesla schlägt sie (fast) alle.
Immer wenn wir Youtube-Berichte zu „Autobahntests“ von unseren norwegischen Kollegen posten, kommen ganz automatisch die Einwände vieler Leser: 90 und 120 sind wohl kaum Autobahngeschwindigkeiten. Was passert denn, wenn man so ein Elektroauto mal forciert fährt, wie beispielsweise einen Diesel?
Legitime Frage, die die „Spreu vom Weizen“ trennt
Diese Frage ist tatsächlich äußerst legitim. Denn wenn der „Ottonormalfahrer“ in Massen umsteigen soll, würde er vermutlich gerne weiterhin „flott“ auf der Autobahn unterwegs sein wollen. Soweit das beim dichten Verkehr in Deutschland eben möglich ist. Und hier trennt sich eine ganze Menge „Spreu vom Weizen“. Fast alle Elektro-SUVs versagen bei den hohen Geschwindigkeiten infolge ihrer Bauart. Die cw-Werte und Prospekt-Aerodynamiken der großen Wuchtbrummer suggerieren zwar immer gerne, dass das alles kein Problem sei, wer allerdings dann wirklich mal aufs Gas tritt, der erlebt sein blaues Reichweitenwunder.
Effizienz ist Trumpf
Grundsätzlich gelten auch hier die drei wichtigsten Kriterien für effizientes Vorankommen: Gute Aerodynamik (cw-Wert mal Stirnfäche), niedriges Gewicht (um beim Beschleunigen möglichst wenig Energie zu vergeuden) und ein Antrieb, der das Optimum aus der Batterie herausholt. Würde man sein Fahrzeug nur nach diesen Kritierien auswählen, würde es sehr eng werden. Fast alle bezahlbaren deutschen Elektromodelle wären schon mal aus dem Spiel. Und wenns um Energieeffizienz bei höheren Geschwindigkeiten geht, dann verengt sich das Testfeld auf eine Handvoll Fahrzeuge. Die haben dann meistens Namen, die mit einem „T“ beginnen und mit einem „a“ enden.
Tesla Model 3 SR+
Das Tesla Model 3 SR+ ist das „kleinste“ Modell der Amerikaner. Lange Zeit stand der Hecktriebler im Schatten der anderen Modelle. Aber seit einiger Zeit wird der Einstiegs-Tesla mit einer 60 kWh-LFP-Batterie (Netto: 57,5 kWh) angeboten. Das Fahrzeug kommt jedoch mit allen Vorzügen der großen Teslas. Seht gute Software, hohe Effizienz und daraus resultierend mit einer sehr passablen Reichweite. Wer die Teslas kennt, der weiß, dass man bei defensiver Fahrweise weniger als 17 kWh auf 100 km verbraucht. Was im vorliegenden Fall dann tatsächlich zu einer realistischen Reichweite von 380 Kilometern führt.
Und wenn man ordentlich Gas gibt?
Kommen wir zurück zur Autobahn. Andreas Haehnel macht normalerweise die typischen Autobahntests bei Richtgeschwindigkeit 130. Die sind für die Eiligenfraktion allerdings wenig erhellend, denn der Stromverbrauch der Elektroautos geht vor allem bei hohen Geschwindigkeiten vehement nach oben. Wir schafften es beispielsweise ohne Probleme einen Audi e-tron 55 auf fast 60 kWh hochzujubeln, als wir mal für ein paar Kilometer Vollgas gegeben haben. Der kleine Tesla zeigt allerdings hier so seine Stärken.
225 km/h Spitze
Auch der „kleine“ Tesla ist keine lahme Ente. Mit 325 PS und einem maximalen Drehmoment von 420 Nm schafft der Hecktriebler den Spurt von 0 auf 100 km/h in 6,1 Sekunden und eine Top-Speed von 225 km/h. Da kann man auf deutschen Autobahnen durchaus „mitschwimmen“. Die Testfahrt fand bei einer Außentemperatur von 6°C im Raum Nürnberg an einem Wochenende statt. Realistische Bedingungen, wie man vor allem am Verkehr im Video sieht.
Haehnel drückte also ständig aufs Gas, jedenfalls wo es ging. Mehrmals stehen die 220/225 auf dem Tacho und man sieht schön, dass die Beschleunigung richtig ausgenutzt wurde. Haehnel fuhr den Wagen auf 0% bzw, 2 km Restreichweite herunter und ludt dann am Tesla V3-Supercharger (nach Vorkonditionierung) wieder auf 80% auf. Er kam mit dieser recht unökonomischen Fahrweise immerhin 212 Kilometer weit, der Verbrauch betrug 25,8 kWh/100 km. Die 75%-Regel angewandt wären das dann 158 Kilometer bei forcierter Fahrweise. Die Durchschnittsgeschwindigkeit betrug übrigens 137 km/h.
Dass wir uns richtig verstehen: 25,8 kWh verbrauchen die meisten größeren eSUVs bei ganz normalen Geschwindigkeiten, die man schon an der Grenze zu „Autobahn-Schleichfahrten“ sehen kann. Und bei Temperaturen um die 6°C sind die meisten Elektro-Boliden ohnehin echte Stromfresser.
Aufladen auf 80% in 30 Minuten
Natürlich kostet schnelles Fahren bei dichter Autobahn eine Menge Geld (und Nerven). Zuhause bei derzeitigen Preisen von 36 ct/kWh kommen da schon mal 19,80 Euro für die 212 Kilometer zusammen – am Supercharger natürlich mehr. Wäre da ein Diesel günstiger? Selbst große Limousinen fährt man bei solchen Geschwindigkeiten mit gerade mal 7 bis 8 Litern auf 100 km. Beim heutigen Dieselpreis von 1,70/Liter wären das dann rund 27 Euro für die 212 km gewesen. Vom lokalen CO2-Ausstoss ganz zu schweigen. Die Preis-/Gegenwertrelation des Autos ist recht gut. Nach Abzug aller staatlichen und herstellerbezogenen Subventionen kostet der kleine Tesla rund 39.000 Euro.