Tesla und die Marktwirtschaft
Letzte Woche leistete sich das kalifornische Unternehmen einen Aprilscherz, der leider keiner war. Die Preise seiner Fahrzeuge in Deutschland zogen heftig an. So kostete beispielsweise das kleinste Model 3 Standard Range plötzlich 7.000 Euro mehr. Da mußten Fanbois und potenzielle Käufer heftig schlucken. Dabei ist nichts anderes passiert als „Marktwirtschaft„. Je knapper ein Gut wird und je höher die Nachfrage, desto höher der Preis. Das ist nicht schön, ist aber so. Denn auch Tesla kämpft mit der derzeitigen weltwirtschaftlichen Situation. Freilich haben die Kalifornier die Nachschub-Krise bei Halbleitern und Rohstoffen weit besser gemeistert, als etwa die deutschen OEMs.
Im letzten Jahr war das Model 3 in Europa (39 Länder) mit 142.035 Einheiten (+63% zum Vorjahr) laut Car Industry Analysis die erfolgreichste Mittelklasse-Limousine. Der nächste Verfolger, die BMW 3er-Serie brachte es gerade mal auf 51.321 Einheiten, das waren sogar -8 Prozent weniger als im Vorjahr.
In 2021, Tesla Model 3 was the top-selling midsize car & sedan in Europe 🔥🔥
1. Tesla Model 3 – 142,035
2. BMW 3-Series – 51,321
3.Mercedes C-Class – 19,469
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📷:@lovecarindustry@Tesla @elonmusk @klwtts pic.twitter.com/aCn3B50CPC— Dima Zeniuk 🇺🇦 (@DimaZeniuk) April 1, 2022
Lieferzeiten wachsen
Die Lieferzeiten der hocheffizienten Fahrzeuge sind allerdings ebenfalls bedrohlich angewachsen. Bedrohlich deshalb, weil bereits das Jahr 2023 bei manchen Modellen als Lieferdatum näher rückt. Besagtes Model 3 Standard Range hat bereits Lieferzeiten bis November 2022. Allerdings kommt dieses Fahrzeug aus Shanghai und da wütet gerade Corona besonders heftig – Lockdowns inbegriffen. Die Produktionsanlagen stehen immer wieder still. Einzig beim Model Y entspannt sich die Situation: wohl dem Produktionsstart der GigaBerlin geschuldet, kann man bereits ab Mai oder Juli mit einem der derzeit effizientesten eSUVs rechnen. Das Model Y Maximale Reichweite kostet derzeit 56.990 Euro und ist damit derzeit genauso teuer wie das Model 3 Maximale Reichweite. Wir lange das noch so sein wird? Schwer zu sagen.
Quartalszahlen zeigen die Stärke der Amerikaner
Im ersten Quartal 2022 scheint die Stärke der Amerikaner ungebrochen zu sein. So meldete das Unternehmen dieses Wochenenende 310.048 gelieferte Fahrzeuge. Das sind sogar mehr als diverse Analysten erwartet hatten. Zum Vorjahresquartal verbesserte sich der Elektroautohersteller damit um +67 Prozent, damals setzte man 184,800 Einheiten ab. Und das in einem schrumpfenden Umfeld.
Dass man inzwischen auch der Hersteller mit der besten Marge ist, ist dabei nur das Tüpfelchen auf dem „i“. Extrapoliert man die Zahlen, und kann der Hersteller die eindrucksvollen Zuwachsraten des letzten Jahres wiederholen, steht einem Absatz von mehr als 1,3 Mio. Einheiten nichts im Wege. An der Produktion wird das kaum scheitern, denn neben der Giga Berlin hat auch Texas seine Arbeit aufgenommen.
Klassische OEMs verlieren Stückzahlen
Indessen kämpfen die klassischen OEMs mit Stückzahlen. Mehrere deutsche Hersteller mussten bereits die Produktion von bestimmten Modellen stoppen, weil wichtige Zulieferteile – unter anderem aus der Ukraine – nicht zur Verfügung stehen. VW verschiebt gar den Start des kommenden ID.5.
Das tut doppelt weh, denn der Hochlauf der Elektromobilität wird sich eigentlich wegen der Rahmenbedingungen dieses Jahr noch weiter beschleunigen –die Spritpreise sind auf einem Allzeithoch infolge der Situation in der Ukraine und der gesamtpolitischen Situation mit Russland. Viel mehr Verbrenner-Fahrer würden gerne auf einen Stromer umsteigen, die sind allerdings wegen der Nachschubkrise derzeit nur schwer zu bekommen. Viele fürchten gar, dass die Lieferung nicht mehr 2022 stattfinden könnte, was nach derzeitigem Sachstand zum Verlust des Umweltbonus führen könnte. Da aber das Wirtschaftsministerium unter Habeck in der Krise äußerst pragmatisch agiert, dürfte hier in der nächsten Zeit Entwarnung kommen, damit der Markt nicht komplett zusammenbricht.
Ausblick
Teslas Ausgangssituation bei der Elektromobilität ist besser als die seiner Mitbewerber. Denn die könnten zwar auch mehr Fahrzeuge verkaufen, diese aber derzeit nicht liefern. Teslas Supply-Chain wirkt hier weit resilienter und die Einweihung der Giga Berlin zeigt einmal mehr das glückliche Händchen von Elon Musk bei seinen Entscheidungen. Dass derzeit die Fahrzeuge nicht mehr für die vollen 9.000 Euro Umweltbonus förderfähig sind, ist dabei ein echter Wermutstropfen. Andererseits hat sich damit der Wert der gebrauchten Teslas gerade mehr als stabilisiert. Die dürften ebenfalls gerade um etliche tausend Euro teurer geworden sein …