Achterbahnfahrt der Elektromobilität
Nie wurde die Elektromobilität kontroverser wahrgenommen, als derzeit. Sicher, in den Anfängen sahen die Verbrenner-Fahrer immer wieder belustigt auf die Stromerpiloten herab. Dann folgte der zunächst langsame, inzwischen immer dynamischere Zuwachs bei den Pkw-Zulassungen. Was manche Elektro-Fans schon zu überlauten Siegesrufen verleitete. Fakt ist aber auch, dass die Transformation teilweise immer noch quälend langsam abläuft. Bis alle Verbrenner durch Stromer ersetzt werden, dürften noch Jahrzehnte vergehen. Auch die äußerst optimistischen Prognosen („15 Mio. Elektrofahrzeuge bis 2030“) halten einer Überprüfung kaum stand.
Die Anti-EV-Lobby scheint gut zu arbeiten
Dass es nicht schneller geht, hat viele Ursachen. Eine davon ist der Anschaffungspreis von Elektrofahrzeugen für den Ottonormalverbraucher. Der ist, trotz aller Beteuerungen und Berechnungen der Elektrofans zu TCO und Co., immer noch viel zu hoch. Zudem sind die Early Adopter durch, die haben sich nämlich vor allem dadurch ausgezeichnet, dass sie der Elektromobilität viele Kinderkrankheiten und tatsächliche Unsäglichkeiten verziehen haben. Der Ottonormafahrer tickt da anders. Das könnte, und die Betonung liegt auf „könnte“, im zweiten Halbjahr 2023 zu einem bösen Erwachen führen und die Transformation etwas einbremsen.
Die Schuldigen am erwarteten Einbruch sind bereits identifiziert. Da ist einmal die Medienbranche, die in letzter Zeit viele negative Artikel zur Elektromobilität veröffentlicht hat. Dann ist da natürlich die Auto- und Öl-Lobby, die den „Siegeszug“ der Elektromobilität verhindern will und schließlich stehen sich die klassischen deutschen OEMs selbst im Weg. VW, Audi und sogar Mercedes-Benz werden immer wieder an den Pranger gestellt, zuletzt VW mit viel Häme, weil man mit dem chinesischen Start-up XPeng kooperieren muss. Last but not least würde der Staat seiner Aufgabe nicht gerecht werden – schon werden weitere Subventionen gefordert.
Der Staat sind wir
Dabei vergessen die Enthusiasten immer wieder, wer der Staat ist, bzw. wer den Staat finanziert. Es sind die Steuerzahler und niemand anders. Wenn also der Staat in die Pflicht genommen wird, bedeutet das nicht anderes, als dass man das Geld dem Bürger aus der Tasche zieht, damit er eine Industrie subventioniert, die offenbar ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat. Wenn sich eine Technologie nur durch üppige Subventionen durchsetzen lässt, dann ist was faul – dieser Meinung sind nicht nur verschiedene Volkswirtschaftler, sondern auch wir, obwohl wir die Elektromobilität als die Zukunft des Individualverkehrs sehen. Es gilt, wie in jeder Marktwirtschaft, Angebot und Nachfrage. Ist die Nachfrage gering, pendeln sich die Preise ganz automatisch auf einem niedrigeren Level ein.
Verschwörungstheorien
Und in der Elektromobilitäts-Community machen sich jedoch immer öfter Verschwörungstheorien breit – zuletzt in einer Diskussionsrunde der „Fully Charged Show“ mit dem sympathischen Robert Llewellyn. Trotz aller Sympathie für den Elektromobilitäts-Pionier mutet es doch seltsam an, dass sich hier nur absolute „Fans“ untereinander mit ihren Überzeugungen bestätigen. Ein kritischer Betrachter der Elektromobilität war in der Runde jedenfalls nicht vertreten. Das hat ein G’schmäckle, das schon einen Kritiker, den Youtuber „Geoff Buys Cars“, auf den Plan rief. Er war mit der Diskussion der Fully Charged Show wohl nicht einverstanden und veröffentlichte eine Replik, die es in sich hat.
e-engine meint: Das Dogma ist zurück. Eigentlich war es nie weg. Die Ausschließlichkeit bestimmter Sachverhalte sollte einem immer verdächtig vorkommen. Wir wissen, dass „Clickbait“ in den Medien ein wichtiges Mittel ist, um Aufmerksamkeit (und damit Werbekunden) zu erreichen. Das gilt auch für Llewellyn und Co., denn der Titel „Who’s TRYING To KILL The ELECTRIC CAR? And What Can You Do About It?“ erinnert nicht von Ungefähr an die Dokumentation „Who killed the Electric Car“ von 2006.
Bringt uns zum Vorwurf, ob derzeit wirklich eine konzertierte Aktion läuft um die Elektromobilität in Mißkredit zu bringen. Wir glauben, dass dem nicht so ist. Vor ein paar Jahren waren die Mainstream-Medien noch weit kritischer gegenüber Tesla & Co eingestellt. Seit die deutschen OEMs allerdings ebenfalls intensiver in das Geschäft mit den Stromern eingestiegen sind, nivelliert sich das zusehens. Schließlich will man sich die das zukünftige Anzeigengeschäft ja nicht kaputtmachen – und die Zukunft liegt im Stromer.