Kommentar: Die Hilflosigkeit der EU und die Underperformering Ursula von der Leyen.
Der europäische Markt für die Elektromobilität ist einer der lukrativsten Märkte überhaupt. Wer hier, dank der staatlichen Subventionen vieler europäischer Staaten, Elektroautos verkauft, kann sich darauf verlassen, dass er mit Wohlwollen betrachtet wurde. Die Betonung liegt auf „wurde“, denn die chinesischen Autobauer sind neuerdings ins Fadenkreuz des regelwütigen EU-Parlaments geraten. Der Vorwurf? Die Autos werden in Europa (speziell Frankreich und Deutschland) zu günstig verkauft. Das sei nur möglich geworden, weil die chinesischen OEMs ihre Autos unter Gestehungspreisen verkaufen würden, weil diese vor allem durch die chinesische Regierung (finanziell) unterstützt würden.
Ist die Einschätzung richtig?
Dass die EU-Komisssare im allgemeinen und Frau von der Leyen im Besonderen von vielen Dingen nur eine vage Vorstellung haben und sich auf seltsame Einflüsterungen von illustren Lobbygruppen verlassen, geschenkt. Nur so ist übrigens die geplante PFAS-Verordnung zu erklären, die, sollte sie wie geplant umgesetzt werden, der europäischen Wirtschaft im High-Tech-Bereich, der Chemie und der Pharma einen weiteren Schlag versetzen wird. Hier gehts aber um die europäische Autoindustrie, die auf EU-Ebene faktisch Frankreich (Stellantis und Renault) und Deutschland mit ihren zahlreichen OEMs umfasst.
Von der Leyen will, und das kommt in erster Linie aus der Stellantis-Ecke, Maßnahmen prüfen um verhindern zu können, dass die Märkte von „billigen“ chinesische Elektrofahrzeugen überschwemmt werden. Wobei „billig“ in dem Zusammenhang zumindest in Deutschland derzeit kaum eine Rolle spielt. Denn wer ein chinesisches Elektrofahrzeug mit einer akzeptablen Reichweite kaufen will, der muss trotz der „gefühlten“ von der Leyen’schen Billigpreise immer noch recht tief in die Tasche greifen. Unter 30.000 Euro tut sich da nach Abzug aller Boni und Subventionen gar nichts. Und für den Massenmarkt sind 30.000 Euro ein Ansage.
Die Premiummarken kommen unter Druck
Vielmehr scheint sich die Situation in den letzten Monaten aus ganz anderen Gründen „verschärft“ zu haben – und da kommen die deutschen „Premiumhersteller“ ins Spiel. Geht man nach Preis/Leistung ist auch VW ein Premiumhersteller, denn wer einen guten, großen Stromer mit ordentlich Leistung und großer Batterie möchte, muss auch hier wenigstens 50.000 Euro in die Hand nehmen. Von Mercedes-Benz und BMW mal ganz zu schweigen, die mit ihren „oberen Mitteklasse-Fahrzeugen“ ebenfalls die 60.000er-Marke mühelos überschreiten. Wer echten Luxus möchte, muss allerdings die 100.000er-Marke im Auge behalten.
Chinesisches Selbstbewußtsein
Bislang wähnten sich nämlich die deutschen OEMs in Sicherheit. Seit der IAA MOBILITY und den Ankündigungen der chinesischen Marken BYD, LI-Motors, XPeng, NIO, Zeekr, HiPhi und Co. kommt die elektrische Ober- und Luxusklasse gehörig unter Druck. Statt großer Aufpreislisten kommen die Fahrzeuge aus dem Reich der Mitte ziemlich komplett. Will man ein deutsches Auto ähnlich ausstatten, verlieren die Endpreise oft jedes Maß und Ziel.
Werden Schutzzölle das Problem lösen?
Kaum. Denn in erster Linie bestrafen die Schutzzölle den Verbraucher, der plötzlich für ehemals günstige Stromer nun so tief in die Tasche greifen muss, wie bei europäischen Marken. Zudem ist die Reaktionsschnelligkeit der chinesischen OEMs nicht zu unterschätzen. Wie Tesla in Grünheide werden sie dann zunehmend „europäische“ Fabriken aus dem Boden stampfen – was tatsächlich ein probates Mittel gegen die schleichende Deindustrialisierung vor allem in Deutschland wäre. Aber die Problematik der günstigen Stromer wäre damit nicht gelöst, die europäischen OEMs weiter gefährdet.
Warum ist das so?
China verfügt über alle Vorraussetzungen, günstige Elektrofahrzeuge zu produzieren. Die weltweit größten Batteriehersteller (CATL, BYD, EVE) kommen von dort, die Rohstoffe sind im Lande vorhanden oder wurden durch teilweise grenzwertige Deals mit afrikanischen und südamerikanischen Staaten gesichert. Und nicht zuletzt sind die chinesischen Hersteller blitzschnell beim Ausmerzen von Anfangsfehlern. Derzeit läuft dort die dritte Generation von Elektroplattformen vom Band – während man in Europa immer noch an den ersten klebt und langsam auf die zweite Generation umsattelt.
Ich meine, dass Schutzzölle derzeit kontraproduktiv sind – vor allem im Hinblick auf darauf, weshalb die Elektromobilität so gefördert wird: dem Klima. Pragmatisch gesehen, macht die EU-Kommission damit wieder einen gigantischen Fehler, denn letztlich müssten die Wettbewerbsbedingungen für europäische OEMs verbessert werden. Die sind aber so schlecht, weil Bürokratie und Auflagen ebenfalls jedes Maß und Ziel verloren haben. Keine guten Aussichten auf die Zukunft.
Bernd Maier-Leppla