Elektroautos und Ladeverluste
Haben Sie ein TV-Gerät? Steht das auf Standby? Dann bezahlen Sie im Jahr (inzwischen) eine ganze Menge Geld nur für die Tatsache, dass Sie den Flatscreen über die Fernbedienung Ein- und Ausschalten können (24h x 365Tage x 0,015kWh x 0,36ct/kWh = 47,30 Euro). Was das mit Ladeverlusten zu tun hat? Dazu kommen wir gleich.
Der Bordcomputer-Stromverbrauch des Elektroautos ist nur ein Teil der Wahrheit
Wenn Ihr Bordcomputer den Stromvebrauch Ihres Elektrofahrzeugs anzeigt, dann ist diese Angabe nur teilweise richtig. Mal abgesehen davon, dass die Bordcomputer gerne (vor allem auch bei Verbrennern) den Verbrauch beschönigen. Beim Verbrenner konnte man sich mit dem guten alten Dreisatz behelfen: neu getankte Liter x 100 geteilt durch die gefahrenen Kilometer seit dem letzten Volltanken – und schon hat man den Verbrauch pro 100 km präziser ermittelt, als es der Bordcomputer je getan hat. Bei Stromern funktioniert das natürlich nicht ganz so gut, aber das Prinzip ist identisch: geladene kWh (von der Ladeäule abgelesen) x 100 geteilt durch die gefahrenen Kilometer.
Macht man dies, stellt man ganz sicher eine Diskrepanz zum Bordcomputer fest. Denn der kann nur das angeben, was tatsächlich aus der Batterie „entnommen“ wurde, während die Ladesäule den gesamten aufgewendeten Lade-Strom anzeigt. Der Unterschied ergibt sich aus den Verlusten durch das oder die Kabel und durch das Batterie-Management-System (BMS), das auch noch ein Wörtchen mitzureden hat. Denn das BMU initiiert unter anderem die Kühlung, wenn durch das Laden die Gefahr einer Überhitzung besteht. An kalten Tagen tut das BMU dann das glatte Gegenteil und wärmt die Batterie an. Ein kalter Akku lädt sich nämlich langsamer.
Unterschiede je nach Ladeart und Fahrzeug
Dabei gibt es Unterschiede, wie geladen wird. Ob mit Gleichstrom oder Wechselstrom. Wird mit Wechselstrom geladen muss der erst mal in Gleichstrom umgewandelt werden, denn die Batterie basiert auf Gleichstrom. Bei DC fällt das weg, dafür sind die Ströme, die fliessen weit höher, was den Verlust durch die Erhitzung der Leitung erhöht. In der Regel liegen die Ladeverluste bei etwa 10%. Das kann je nach klimatischen Bedingungen oder Fahrzeug differieren. Der ADAC hat sich des Themas bereits häufiger angenommen. Zuletzt berichteten wir im September 2022 darüber.
Bei einem Vergleichstest im Mai 2020 zwischen einem Hyundai IONIQ und einem Tesla Model 3 zeigte sich beispielsweise, dass der Tesla dieser frühen Serie tatsächlich höhere Ladeverluste zu verkraften hatte, als der Hyundai. In einem früheren Test im Jahr 2020 hatte der ADAC sogar Ladeverluste von fast 25% (!) beim Tesla Model 3 festgestellt. Das konnte der Norweger Bjørn Nyland in einem umfassenden Test nicht nachvollziehen. Seine Berechnungen waren äußerst akribisch und berücksichtigten Lademöglichkeiten von 2,3 kW AC bis hin zu 350 kW DC. Wobei festzuhalten wäre, dass eine 350 kW-Säule bei einem Model 3 eher wenig sinnhaftig ist. Pikant: Je nach Ladeleistung veränderten sich die Ladeverluste signifikant. Vor allem die gute alte Schukosteckdose mit maximal 2,3 KW führt zu erhöhtem Verlust.
Ladeverluste beim Kia e-Niro
Der Youtuber Stefan Lenz, vor allem bekannt geworden durch seine „tollen“ Erfahrungen mit einem Audi „Fat“ e-tron 55, hat gerade seine eigenen Berechnungen online gestellt. Was den Youtube-Beitrag so wertvoll macht, sind die Erklärungen, wie die Verluste zustande kommen. Was uns zurückbringt zu den normalen elektrischen Geräten. Da würde man es nicht als „Ladeverluste“ bezeichnen. Aber immer wenn elektrische Geräte an der Steckdose hängen und im Standby sind, verbrauchen sie mehr oder weniger viel „Ruhestrom“. Der oben erwähnte Flatscreen kostet so im Jahr immerhin 47,30 Euro.
Ladeverluste beim Verbrenner?
Und beim Verbrenner? Schließlich argumentieren die Petrolheads gerne mit den Ladeverlusten gegen die Stromer. Denn ein Verbrenner verbraucht natürlich nur genau den Sprit, der auch getankt wurde. Stimmt. Warum der Vergleich der Stromerhasser hinkt, erklärt Ihnen auch Stefan Lenz.