Machen Solar-Stromer überhaupt Sinn?
Nachdem Lightyear den „One“ eingestellt hat, und auch Sono Motors das Projekt „Sion“ nicht mehr weiter verfolgt, stellen sich in dem Zusammenhang doch einige Fragen. Könnte es sein, dass ein Fahrzeug mit Solarbeplankung schlicht keinen Sinn ergibt?
Solarstromer in der Theorie
In der Theorie ist ein Solarstromer eine tolle Sache. Man parkt den Wagen einfach in der Sonne, und schwupps erhöht sich die Reichweite des Elektroautos je nach Solarbeplankung und Einstrahlungsintensität. In bestimmten Szenarien kann dieser „Stromzuwachs“ durch Solarzellen sogar so hoch sein, dass das tägliche Pendeln damit erledigt werden kann. Der Vorteil: man muss recht selten an die Wallbox und muss wenn man das überhaupt nicht vermeiden kann, weniger Strom aus dem Netz entnehmen. Das klingt alles auf den ersten Blick ganz pfiffig.
Lightyear
Das niederländische Unternehmen Lightyear hat seinen Stromer tatsächlich nicht aus dem „Nichts“ erschaffen. Die ehemaligen Studenten der TU Eindhoven waren bereits sportlich bei diversen Solar-Challenges unterwegs und haben mit Forschungsfahrzeugen die Vorteile des Sonnenantriebs buchstäblich bis zum letzten Photon ausgenutzt. Der berühmteste, der World Solar Challenge wird seit 1987 auf über 3.000 Kilometern auf öffentlichen Straßen quer durch Australien veranstaltet. Dabei geht der Kurs von Darwin im Norden bis nach Adelaide an der Südküste. Der World Solar Challenge gilt als der weltweit härteste dieser Art. Die Studenten der niederländischen Universitäten haben dabei am häufigsten die ersten Preise abgeräumt.
Deshalb erstaunte es uns, als Lightyear kurz vor Zieleinlauf zur Serienproduktion den fast 300.000 Euro teuren Solarstromer einstellte. Möglicherweise hat man eingesehen, dass bei aller ausgefuchsten Technologie die Preis-/Gegenwert-Relation sehr zu wünschen übrig liess. Und möglicherweise hatte man beim zweiten Blick festgestellt, dass „der Markt“ für eine solches Fahrzeug nach Stückzahlen äußerst begrenzt ist. Was erklärt, warum man sich nun auf einen weit günstigeren Lightyear 2 konzentriert. Dessen Anschub-Finanzierung ist zwar erst einmal gesichert, ob es aber tatsächlich zur Serie kommen wird, bleibt abzuwarten. Die Eckwerte es Prototypen stehen noch nicht einmal fest.
Sono Motors‘ Sion
Im Gegensatz zu den Niederländern haben die deutschen Gründer von Sono Motors eigentlich wenig Erfahrung im Solarmobil-Fahrzeugbau vorzuweisen. Der Sion war aber auch von Anfang an nicht als Premium-Fahrzeug geplant, sondern als bezahlbarer Solarstromer für die Massen. Am Ende sollte der Sion deshalb nicht einmal ein Zehntel des Lightyear kosten. Auch das Konzept war ein anderes, denn der Wagen war weder windschlüpfrig, noch brillierte er durch ausgefuchste Elektrotechnologien. Die einzige Gemeinsamkeit war die Stromgewinnung durch eine Solarzellenbeplankung. Während der Lightyear mit einem hocheffizienten Antrieb aufwartete (Radnabenmotoren), wurde der Sion mit Komponenten aus dem Zulieferregal zusammengebastelt. Das klingt vielleicht ein wenig abwertend, aber tatsächlich ist das „Elektroauto“ Sion keine technologische Offenbarung gewesen – wenn man mal davon absieht, dass bidirektionales Laden von Anfang an eingeplant wurde.
Aptera Motors
Der Aptera hingegen basiert auf einer ganz anderen Überlegung. Hier haben die Ingenieure nicht versucht ein ganz normales Automobil mit Solarbeplankung zu versehen, vielmehr hat man auch das Design so angepasst, dass mit der vorhandenen Solar-Fläche die größtmögliche Reichweite erreichbar wird. Der Aptera hat um super-effizient (cw 0,13) zu sein, mehr Ähnlichkeit mit einem Flugzeugrumpf, als mit einem Automobil. Das hat Nachteile. Der Kofferraum ist vergleichsweise winzig und als Großfamilienfahrzeug taugt der Solarstromer auch nichts. Dafür dürfte der Wagen eines der effizientesten Elektrofahrzeuge auf dem Markt sein – effizienter als der Lightyear, der sich mit knapp 10 kWh/100 Kilometer begnügt hätte. Aber auch der Aptera ist noch keinesfalls in „trockenen Tüchern“. Ständiger Geldmangel verzögerte auch bei den Amerikanern den Serienlauf, und derzeit läuft auch dort eine Crowdfunding-Kampagne. Durch seine Formensprache dürfte aber auch der Aptera kein Massenprodukt werden.
e-engine meint: Ob ein Solarauto tatsächlich Sinn ergibt? Darüber liesse sich trefflich streiten. Die Kosten für die Solarbeplankung, die Entwicklungskosten der Fahrzeuge, die Nachteile bei einem Unfall – all diese Dinge werden gerne ausgeblendet. Im Vordergrund steht die Sonne, die „keine Rechnung schickt“. Dummerweise ist ein Solarauto nicht einmal für alle Breitengrade geeignet. Um in Europa zu bleiben: in Spanien wäre die Energieausbeute natürlich weit höher, als in Skandinavien. Das liegt einfach an den geografischen Gegebenheiten. Zudem ist die seitliche Beplankung (wie beim Sion) eher suboptimal, weil hier die Sonneneinstrahlung tatsächlich am wenigsten Energie bringt. Das ist auch der Grund, warum weder der Lightyear noch der Aptera dies haben.
Letztlich lässt sich die Eingangs-Frage aber nicht endgültig beantworten. Im Falle des Lightyear 0 ist auch die Sinnhaftigkeit wegen einer anderen Tatsache in Frage zustellen: Für 300.000 Euro könnte man sich eine kleine Solarfarm in den Garten stellen, die mit 30 kWp (rund 150 Quadratmeter) selbst ein teures effizientes Elektroauto wie den Lucid Air innerhalb kürzester Zeit aufladen würde …
1 Kommentar
„Alufelgen aus Sekundäraluminium: CO2-Fußabdruck verringert sich dramatisch pro Rad…“
Bringt nur leider der Umwelt nichts.
„Alt-Alu“ wird generell nahezu vollständig wiederverwendet. Ein Teil davon wird nun halt in die Felgen umgeleitet, die Gesamtmenge an Sekundäraluminium wird aber wohl kaum steigen.
An anderer Stelle wird dafür dann vermehrt Primäraluminium genutzt.