Der Norwegische Automobilclub ist gemäß der Vorreiterrolle des Landes natürlich auf Elektromobilität „geeicht“. Im Winter testete man 20 der populärsten Elektroautos auf reale Reichweite. Da konnte man schon einen Eindruck davon bekommen, was kalte Temperaturen mit einer Batterie machen und wie sie die Reichweiten beeinflussen. Jetzt hat man den Megatest im Sommer mit 29 Fahrzeugen wiederholt. Mit dabei waren auch die neuesten Fahrzeuge auf dem Markt, unter anderem der Xpeng G3 und die ganze Palette aus dem PSA-Konzern.
Die norwegischen „Tester“ waren ganz normale Autofahrer, der Test wurde im ganz normalen Autoverkehr durchgeführt. In erster Linie sollten tatsächliche Reichweite und tatsächlicher Verbrauch getestet werden. Die Zielvorgaben gingen aber noch weiter. Die Fahrer sollten defensiv fahren, und die Rekuperation der Fahrzeuge aktiv nutzen, beispielsweise in der Stadt und bergab.
Wie im Wintertest wurden die Fahrzeuge über Nacht auf 100% geladen, aber Innenraum und Batterie nicht vorgeheizt. Alle Fahrer betrieben ihre Fahrzeuge im „Eco-Modus“ und hatten die Klimaanlage auf 20°C eingestellt. Die Sitzheizung blieb natürlich im Gegensatz zum Wintertest aus. Um Einwänden vorzugreifen erklärten die Tester denn auch: „Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass bei einem ähnlichen Test möglicherweise andere Ergebnisse auftreten können. Das Vorheizen des Autos, die Route, die Topographie, die Aussentemperatur, die Ladungsmenge, die Reifengröße und nicht zuletzt der Fahrstil beeinflussen die Reichweite erheblich.“
Da haben die Norweger durchaus recht, allerdings haben alle Testfahrzeuge ihre WLTP-Ergebnisse sowohl bei Reichweite als auch Stromverbrauch übertroffen. Das ist in der Tat eine Leistung, denn selbst mit noch so gutem Zureden ist es bei einem Verbrennungsmotor selten möglich die WLTP-Vorgaben auch nur im Entferntesten zu erreichen. Hier haben tatsächlich ALLE Fahrer durch ihr umsichtiges und defensives Fahren bewiesen, wie weit man mit einem Elektroauto kommen kann, und wie der Fahrstil Reichweiten möglich macht, die schon in Verbrenner-Regionen sind – freilich mit ganz anderen Geschwindigkeiten.
Selbst die allseits bekannten deutschen eSUVs, die nicht gerade sparsam sind, konnten ihre WLTP-Reichweiten übertreffen. Die Teslas erwiesen sich einmal mehr als äußerst sparsam. Die Newcomer Opel, Peugeot und DS aus dem PSA-Konzern sind nicht nur von der Bauart relativ identisch, auch die Stromverbräuche unterscheiden sich nur marginal. Erfreulich, dass es möglich ist mit einem Porsche Taycan sparsamer zu fahren als mit einem Audi e-tron 55, der wie immer den Rekord im Stromverbrauch hält. Der etwas neuere Sportback zeigt aber auch, dass die Audi-Entwickler dazulernen. Der ist schon mal fast um einen ganzen Liter, äh, eine ganze kWh sparsamer …
Was uns aber am meisten überrraschte war der Verbrauchssieger: der kleine Mini Cooper SE Electric kann tatsächlich, so man denn will, äußerst sparsam bewegt werden. Nicht mal der VW e-up! und der Effizienzmeister Hyundai IONIQ konnten den Münchner schlagen. Offenbar ist das Gesamtpaket von Mini dem alten i3 meilenweit voraus. Der brauchte doch eine ganze Menge mehr Strom.
e-engine meint: WLTP Testergebnisse übertroffen. Stromverbräuche, die selbst Sparfüchse nur mit Pedalstreicheln und größter Disziplin allenfalls in Ausnahmefällen hinkriegen. Das zeigt, dass die Elektromobilität in der Tat einen großen ökologischen Beitrag zu leisten im Stande ist. Toll. Auch wenn im richtigen Leben (also bei uns in Deutschland!) kaum jemand solche Werte erreichen kann, ohne als Verkehrshindernis zu gelten, zeigt auch der Trend, welche Fahrzeuge sparsam sind und welche nicht. In der „Stromschlucker-Klasse“ tummeln sich allesamt SUVs und Fahrzeuge, die deutlich über 2 Tonnen wiegen und darüber hinaus die Aerodynamik einer Schrankwand besitzen. Ausnahme: der Porsche Taycan. Pikant ist auch, dass zwischen Mittelfeld und Spitzengruppe immerhin knapp 3 kWh im Verbrauch liegen. Donnerwetter.
Fotos: Hersteller, Norwegian Automobile Federation (NAF)
Charts: e-engine.de auf Basis der ermittelten Testergebnisse der NAF