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19. März 2019
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Presseschau vom Mittwoch, den 20.3.19
20. März 2019

Hydrogenious – ein Schritt näher an der Wasserstoff-Elektromobilität

Hydrogenious - ein Schritt näher am Wasserstoff-Zeitalter
Hydrogenious - ein Schritt näher am Wasserstoff-Zeitalter

Der Hyundai Nexo – eines der wenigen Wasserstoff-Fahrzeuge, die man heute schon kaufen kann.

Wenn’s um die neue Individualmobilität geht, ist Wasserstoff derzeit das „geliebte Stiefkind“. Kunststück, so viele Wasserstofffahrzeuge gibt’s auf dem Weltmarkt nicht zu kaufen, man kann sie fast an einer Hand abzählen. Da wäre der Hyundai Nexo, der Toyota Mirai und dann müsste man sich schon anstrengen.

Dann ist da der alte Wettbewerb mit Batterie betriebenen Fahrzeugen (BEVs) und der oft genannten „Brennstoffzelle“, die mit Wasserstoff betrieben wird. Stromer-Fahrer sind dann auch in Ihrer Meinung recht eindeutig. Der Wasserstoff lohnt sich derzeit nicht, die Zukunft liegt in der weiteren Optimierung der Batteriezellentechnologie. Aber Meinung ersetzt eben kein Wissen.

Nicht so schnell.

Der Wasserstoff an sich wäre ein fantastischer Treibstoff für die zukünftige Mobilität. Er kann in Minutenschnelle nachgetankt werden, hat einen hohen Energieinhalt und die Vorräte im Universum sind sprichwörtlich unendlich. Leider sind die Herstellungskosten derzeit – und da steht auch das vermaledeite EEG einer wirklichen Erneuerung in Deutschland wieder breitbeinig im Weg – sehr hoch. Und: falls der Wasserstoff nicht grün produziert wird, ist die Herstellung dank des heute noch schlechten Energiemix „CO2-mäßig“ recht „suboptimal“. Zwar braucht ein Wasserstoffauto auf 100 km nur rund 1kg des Elements, das kostet derzeit aber um die 9 Euro.

Chart der Woche: Wasserstoff wirklich besser?

Ist Wasserstoff derzeit wirklich besser für die Elektromobilität?

Das klingt erst mal nicht wirklich zukunftssicher. Die Anschaffungskosten eines Wasserstofffahrzeugs sind höher als bei einem Batteriefahrzeug und auch die „Spritkosten“ sind eher vergleichbar mit einem Benziner, bereits ein Diesel wäre wenigstens gleichauf, wenn nicht günstiger.

Warum also soll man auf ein System setzen, das derzeit nicht wirklich konkurrenzfähig ist?

Im Wasserstoff liegt die Zukunft

Das Start-Up Hydrogenious aus Erlangen hat sich mit den wichtigsten Schwierigkeiten bei der Wasserstoff-Mobilität beschäftigt und eine sehr intelligente Lösung entwickelt. Das Zauberwort heißt LOHC und steht für: Liquid Organic Hydrogen Carrier

Das Prinzip ist: Man bindet den Wasserstoff an eine Öl-ähnliche Kohlenwasserstoff-Substanz, die zum einen mehr Wasserstoff pro Kubikmeter aufnehmen kann (als ein unverschämt teurer großer reiner Wasserstofftank, der hohe Drücke aushalten muss), und zum anderen den Transport des „LOHC-Öls“ weitgehend ungefährlich gestaltet.

„Das Prinzip wurde nicht von uns erfunden, das ist schon Mitte der 70er Jahre entdeckt und beispielsweise in der Schweiz erfolgreich eingesetzt worden“, so Dr. Cornelius von der Heydt, CCO von Hydrogenious „unser Beitrag dazu ist die Entdeckung eines in der Industrie gängig verwendeten Öls als exzellenter Wasserstoffträger und die Industrialisierung des gesamten Prozesses; von der Speicherung des Wasserstoffs in dieser Flüssigkeit bis zur anschließenden Freisetzung dort, wo der Wasserstoff benötigt wird – beispielsweise an der Tankstelle.“

In diesen recht einfachen Sätzen liegt das Layout für eine zukünftige Wasserstoff-Gesellschaft. Wie das?

Hydrogenious - ein Schritt näher am Wasserstoff-Zeitalter

LOHC-Kreislauf zwischen StoragePLANT und ReleaseBOX

Das Offshore-Szenario

Das Szenario liest sich dann wie ein Science-Fiction-Roman. Der Wasserstoff wird Offshore beispielsweise durch Windparks CO2-neutral hergestellt. Der abgeschiedene Wasserstoff wird On-Site in dem Trägermedium (LOHC) gespeichert und per Tanker distribuiert. Dabei sorgen die StorageUNITS von Hydrogenious für die Umwandlung.

Da der Wasserstoff nun ziemlich ungefährlich und hochkonzentriert ist, kann er mit herkömmlichen Tankwagen zu Tankstellen und anderen industriellen Verbrauchern geliefert werden – hier fallen weit weniger Logistik-Kosten an, weil keine sündhaft teuren Speziallaster benutzt werden müssen. Und jetzt kommt der Clou: Weil das LOHC-Öl so ungefährlich ist, kann es in großen Mengen in unterirdischen Tanks der Tankstellen gelagert werden. Diese müssen keine superteuren Drucktanks mehr sein, sondern sind so einfach herstellbar wie heutige Öltanks.

In einem m³ LOHC lassen sich etwa 57 kg Wasserstoff speichern, also mit dem Energieinhalt von rund 1,9 MWh (1 kg Wasserstoff hat den Energieinhalt von 33kWh). Ein gängiges Wasserstoffauto tankt etwa 5 kg Wasserstoff, was für etwa 500 – 600 Kilometer reicht.

Hydrogenious - ein Schritt näher am Wasserstoff-Zeitalter

In diesen IBC-Tanks kann das LOHC völlig gefahrlos transportiert werden.

Wie kommt der Wasserstoff ins Auto?

Das LOHC kann leider nicht direkt ins Auto getankt werden. Das Brennstoffzellenfahrzeug muss nach wie vor den reinen Wasserstoff tanken. Dafür gibt es die sogenannte ReleaseUNIT, die on-the-fly den Wasserstoff von der Trägerflüssigkeit trennt und an die Zapfsäule schickt.

Tatsächlich wird zwischengelagert, denn ganz so schnell ist die UNIT natürlich nicht. Sie schafft in der kleinsten Ausbaustufe rund 10 Normkubikmeter oder etwa ein Kilo in der Stunde, die Skalierung nach oben kennt – theoretisch – keine Grenzen. So bietet Hydrogenious zum heutigen Stand bereits Anlagen bis zu 25 Kilo Wasserstofffreisetzungskapazität pro Stunde an und arbeitet aktuell an Systemen mit bis zu 1,5 Tonnen pro Tag.

Gibt’s da schon wieder „Öl-Abfälle“?

Nein. Dafür wird’s ganz ökologisch. Denn die Trägerflüssigkeit, also das LOHC, muss man sich wie einen flüssigen Tank vorstellen. Das bedeutet, nachdem der Wasserstoff abgeschieden worden ist, kann die Trägerflüssigkeit mehrere hundert Mal wiederverwendet werden, bis sie zur weiteren Verwendung aufgereinigt werden muss.

„Sie müssen sich das so vorstellen: Der Tanklastzug bringt den Wasserstoff, der in den unterirdischen Anlagen gelagert wird, und pumpt für die Rückfahrt die reine Trägerflüssigkeit wieder zurück. Ein perfekter Kreislauf.“ so Dr. von der Heydt

Was kostet das Ganze jetzt?

Klingt ja alles ganz positiv, aber wie immer, sollte man nach dem finanziellen Haken fragen. Und der scheint diesmal verschmerzbar zu sein.

„Wenn CO2-freie Mobilität politisch und gesellschaftlich wirklich gewollt wird, dann lässt sie sich auch mit vertretbarem Aufwand und zu vertretbaren Kosten umsetzen und leben“, so Dr. von der Heydt.

Das heißt, dass die Herstellung von grünem Wasserstoff an der Quelle, zum Beispiel Offshore auf bis zu 1 EUR/kg fallen kann. Dazu kommen die Transportkosten und die Kosten für die Wasserstoffaufbewahrung an Tankstellen die beide durch LOHC massiv gesenkt werden. Das bedeutet, dass grüne, emissionsfreie Wasserstoffmobilität auch inkl. Steuern und Gewinnen mit heutigen Kraftstoffkosten vergleichbar sein wird.

Hydrogenious - ein Schritt näher am Wasserstoff-Zeitalter

Dr. Cornelius von der Heydt, COO Hydrogenious Technologies

Ausblick

Wir mussten unsere Frage zur Zukunft des Systems gar nicht zu Ende formulieren, da kam schon die Antwort von Dr. von der Heydt wie aus der Pistole geschossen:

„Ja, ich weiß, was jetzt kommt. Und nein, derzeit ist es noch nicht möglich, den LOHC quasi als „Kraftstoff“ direkt zu tanken. Dazu erfordern die Prozesse noch zu große Anlagen, die in einem PKW und auch LKW oder Bus keinen Platz haben. Was allerdings derzeit schon denkbar ist, ist die Nutzung an Bord von Schiffen, indem die ReleaseUNIT quasi vor den Brennstoffzellen-Antrieb geschaltet wird. Auch an einem Zugprojekt wird bereits gearbeitet“

e-engine meint: hier zeigt sich wieder mal die Stärke der europäischen, speziell deutschen Tüftler und Ingenieure. Das Konzept ist hochinteressant, und verspricht eine strahlende Zukunft. Ein weiterer Schritt zu ökologisch sinnvollen Wasserstoffgesellschaft!

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