Wochenend-News: Disruption, ADAC verbreitet immer noch Unsinn, Wasserstoff, SPAN - revolutionäre Schalttafel, Bollinger
Wochenend-News: Disruption, ADAC verbreitet immer noch Unsinn, Wasserstoff, SPAN – revolutionäre Schalttafel, Bollinger
28. September 2019
Montag-News: Tankstellen zu Ladestationen, Greta fährt Model 3, Jobkiller Elektromobilität, Solarzellen-Prius
Montag-News: Tankstellen zu Ladestationen, Greta fährt Model 3, Jobkiller Elektromobilität, Solarzellen-Prius
30. September 2019

Edward Niedermeyer: Ludicrous – eine Abrechnung mit Tesla und Elon Musk

Edward Niedermeyer: Ludicrous - eine Abrechnung mit Tesla und Elon Musk

Automotive-Journalist Edward Niedermeyer hat ein Buch über Tesla geschrieben. Kritisch. Unversöhnlich.

Edward Niedermeyer: Ludicrous - eine Abrechnung mit Tesla und Elon Musk

Ludicrous – ungeschönte Geschichte von Tesla Motors von Edward Niedermeyer.

Zuerst ignorieren sie dich
dann lachen sie über dich
dann bekämpfen sie dich
und dann gewinnst du

Das ist der Spruch, der gerne auch im Zusammenhang mit Tesla und Elon Musk verwendet wird. Edward Niedermeyer, US-Automotive-Journalist, der nach eigenen Angaben früher ein glühender Fan der Firma war, hat mit „Ludicrous – die ungeschönte Geschichte von Tesla Motors“ eine Abrechnung mit Elon Musk und Tesla veröffentlicht, die es in sich hat.

Nichts ist „gut“ an Tesla

Das würde Niedermeyer vermutlich so nicht formulieren. Liest man jedoch das Buch aufmerksam, kommt man nicht umhin festzustellen, dass er kein gutes Haar an irgendeiner „Innovation“ der Kalifornier lässt. Weder an der (zugegeben chaotischen) Fertigung, noch am Autopilot (der Mobileye-Disput) und auch nicht an kleinsten Details, wie dem großen Touchscreen in den Fahrzeugen. Man bekommt den Eindruck, dass Niedermeyer die anfängliche Verehrung für Tesla nur deshalb erwähnt, um nicht in den Ruch zu kommen, dass er eigentlich das Umfeld und die Denke der klassischen OEMs nie verlassen hat. Seine Einwände könnten so auch von den CEOs von Ford, FCA, BMW oder anderen kommen.

Intime Einblicke

Was das Buch so faszinierend macht, sind Niedermeyers Recherchen, die bis in die Anfänge des Unternehmens zurückgehen. Seine akribischen Beschreibungen der ersten Gehversuche ohne und mit Elon Musk, seine Schilderung der Probleme bei der Produktion des ersten Roadsters sind hoch spannend.

Auch Elon Musks ständiger Kampf fasziniert, die Teile der klassischen Autoindustrie zu verstehen, die für die Fertigung und Kostensenkung wichtig sind und danach zu handeln. Seine Erklärungen zum Bruch Musks mit Martin Eberhard, einem der Gründer von Tesla, sind so lebendig, als wäre er selbst bei den Unterhaltungen dabei gewesen. Und interessanterweise scheinen durch seine hyperkritischen Bemerkungen immer wieder die Bewunderung für Leistung der Beteiligten durch – auch wenn stets die Relativierung durch kritische Anmerkungen folgt.

Was das Lesen allerdings anstrengend macht, ist seine Haltung Elon Musk gegenüber. Er kann kaum hinter seinen Formulierungen verstecken, wie sehr er den Mann verachtet. Zitat:

„Je mehr ich in Frage stellte und je tiefer ich grub, desto mehr wurde für mich klar, dass das Bild des Unternehmens in der Öffentlichkeit nichts weiter als eine schöne Fassade war, die die dahinterliegenden Probleme verdecken sollte.“

Die Fassade ist Elon Musk, der das „wahre“ Tesla durch seine Kommentare und „Unwahrheiten“ in den Sozialen Medien verschleiert. Es fallen auch vorsichtige Anspielungen an das berühmte Ponzi-Schema, an dem Musk mit seinen Winkelzügen, das Unternehmen am Leben zu halten, natürlich alleinigen Anteil hat. Diese Aussagen kommen nicht von ungefähr, denn Niedermeyer hatte schon seine angedrohten gerichtlichen Probleme mit Elon Musk und damit Tesla.

Negative Einblicke

Was wirklich auffällt, ist die Tatsache, dass nahezu alles, was Musk in der Vergangenheit veranstaltet hatte, um das Unternehmen vor der Pleite zu bewahren, von Niedermeyer als Dysfunktional identifiziert wurde:

„Von Anfang an verschloss sich Tesla gegenüber den Werten die notwendig waren, um solch ein Unternehmen erfolgreich zu machen und das ist auch heute noch so. Eine disziplinierte, Prozess-orientierte Kultur, nicht noch mehr Kreativität und Innovation, sind der Schlüssel um dieser Herausforderung zu begegnen.“

In diesem Zusammenhang überrascht es auch nicht, dass Niedermeyer es nicht gelten lassen will, dass Tesla eigentlich ein typisches IT Start up ist, das quasi das iPhone auf Rädern erfunden hat. Und genau die Start up-Allüren sind es, die Niedermeyer in unzähligen Beispielen anprangert und für die permanenten Verluste des Unternehmens verantwortlich macht.

Management by Chaos

Natürlich hat er Recht mit seiner Kritik, wenn es um grundlegende Defizite bei Tesla ging. Der erste Roadster wurde beispielsweise mit 80.000 Dollar bepreist, obwohl nach eingehender Untersuchung von Finanzspezialisten die Gestehungskosten eher bei 200.000 $ lagen. Er legt den Finger in Wunden wie Supercharger die nur mit Solarenergie gespeist werden (die es von Anfang an so nicht gab), Batteriewechsel-PR-Stunts (um mehr Fördergelder zu erlösen) oder Preis- und Terminvorhersagen, die so nie eintraten.

So sollte das Model S anfänglich tatsächlich 50.000 $ kosten – etwa soviel wie das Model 3 heute. Einziger Unterschied: damals war eine 40 kWh-Batterie geplant. Er mokiert sich über die selbstverschuldete Produktionshölle beim Model X, die Produktionsprobleme beim Model 3 und hat die Überzeugung, dass seit Anfang 2019 (das Buch beinhaltet das erste Quartal) die Nachfrage nach dem Model 3 massiv einzubrechen scheint.

Seitenhiebe auf Electrek, Unterstützung für Shortseller

Und Niedermeyer kann sich auch einige Seitenhiebe auf Publikationen wie Electrek nicht verkneifen, die natürlich weitgehend positiv über das Unternehmen berichten. Er macht das an der Tatsache fest, dass die Electrek-Redakteure zu sehr über Aktienbesitz in Tesla involviert sind. Überhaupt versucht er zwar die Fans und Gegner gleichermaßen zu erwähnen, aber letztlich stimmt er in den Kanon der Gegner mit ein. Shortseller werden von ihm als Seismographen für den Niedergang von Unternehmen bezeichnet.

Brillanter Kenner der Automotive Industrie

Niedermeyer brilliert dann, wenn er ohne Vorurteile über die Autoindustrie berichtet. Über Ford, über Citroen, über Nissan/Renault und deren Versuche mit dem Leaf und dem ZOE preiswertere Elektrofahrzeuge in hohen Stückzahlen zu verkaufen. Seine Kenntnisse der Automobilindustrie sind fundiert und auf den Punkt. Allein seine immer währenden Anklagen gegen Tesla im Allgemeinen und Musk im Besonderen ermüden auf die Dauer. 

Fazit

Ist das Buch lesenswert? Absolut, ja. Es ist für jemanden, der die Geschichte Teslas genauer kennenlernen möchte ein echtes Füllhorn an Informationen. Die Voreingenommenheit des Autors manifestiert sich unterschwellig bereits im Titel: „Die ungeschönte Geschichte von Tesla Motors“. Das hier keine Lobeshymnen zu erwarten sind, ist von Anfang an klar. Trotzdem wird man das Gefühl nicht los, dass es sich hier stellenweise um eine persönliche Abrechnung mit Elon Musk als Person handelt.

Was auf die Dauer allerdings tatsächlich verstört, ist die Tatsache, dass Niedermeyer so überhaupt kein gutes Haar an irgendeiner Tesla-Innovation lässt. Vor allem Teslas Autopilot wird in einem Kapitel komplett „auseinandergenommen“. Tatsächlich ist er der Meinung, dass nach der Demission von Mobileye der Autopilot nie mehr dieselbe Qualität erreicht hat. Eine Demission, die direkt dem schrecklichen, tödlichen Unfall 2016 mit einem Sattelschlepper folgte. Niedermeyer sieht die Unfallursache allerdings nicht als das, was war: ein Versäumnis des Fahrers. Vielmehr sieht der den alleinigen Fehler bei Teslas Autopilot auch auf Grund von dessen medialer Darstellung in der Öffentlichkeit.

Das Buch ist als Hörbuch in Englisch bei Apple iBooks und Amazon erhältlich. Auch in der Kindle-Edition. 

Bernd Maier-Leppla, Fotos: Tesla, Buchcover

 

1 Kommentar

  1. Boris Schmidt sagt:

    .. und von wem hat Niedermeyer seine Aktienpakete. Wer hat ihm das Buch gesponsert. Diese Fragen stelle ich mir schon, da ich ich mit meinen 3 Teslas sehr zufrieden war und alle mir bekannten Teslafahrer nur begeistert sind. Besser als meine bisherigen Fahrzeuge (BMW, Mercedes etc.). Welches Ergebnis kommt beim Durchleuchten der Konkurrenz heraus?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Cookie Consent mit Real Cookie Banner