BYD Seal – Herausforderung an Tesla und europäische OEMs
BYD scheint „den Turbo“ gezündet zu haben. Derzeit ist man Tesla in Punkto verkaufter Stromer dicht auf den Fersen. Dank überlegener Inhouse entwickelter Batterien (Blades) könnte der chinesische Hersteller zum Alptraum für Tesla und die europäischen OEMs werden. Mit dem BYD Tang ist den Chinesen zumindest ein Achtungserfolg gelungen, wenngleich der Stromverbrauch (von Bjørn Nyland gerade getestet) nicht gerade State-of-the-Art ist. Der Tang ist eher als chinesische Schluckspecht-Variante des Audi „Fat“ e-tron zu sehen. Beim 120 km/h-Test benötigte der Stromer tatsächlich 31,7 kWh auf 100 km. Das sind über 30% mehr, als ein Tesla Model Y verbraucht. Was sicher auch am gemessenen Gewicht des eSUVs von satten 2.580 kg liegt.
Auftritt BYD Seal
Der BYD Seal ist kein SUV, sondern eine Limousine, die direkt gegen das Model 3 positioniert wurde. Das Außendesign des Stromers ist sportlich und sogar etwas aufregender als das eines Model 3. Der Youtube-Kanal Joyevs zeigt uns in 15 Minuten alle Vorzüge des Stromers der BYD-Ocean-Serie sehr detailliert. Der Seal ist mit seiner Länge von 4,8 Metern und seiner Breite von 1.875 mm etwas größer als das Model 3, sein cw liegt bei 0,219. Der Radstand ist mit 2,92 Metern tatsächlich üppig, was man im Innenraum vor allem im Fond merkt. Viel Kniefreiheit.
Bei der Kopffreiheit hapert es allerdings ein wenig, wegen der Coupé-Linie. Das überrascht, denn die „Cell-to-Body“-Konstruktion der e-Plattform 3.0 sollte gerade hier ihre Vorteile entwickeln. Die Batterie ist quasi tragendes, strukturelles Element des Autos, ganz so wie bei der texanischen Variante des neuen Tesla Model Y, das mit 4680er-Batterien ausgestattet wird. BYD gibt eine Verwindungssteifigkeit von 40.500 Nm/° an, was in etwa der einer modernen S-Klasse entspricht.
Hoher Zuspruch bei der Vorstellung
Als der Seal vorgestellt wurde, verzeichnete das Unternehmen innerhalb von 24 Stunden 60.000 Vorbestellungen. Was allerdings auch damit zusammenhängen könnte, dass die chinesischen Grundpreise, je nach Ausführung umgerechnet zwischen 31.000 und 42.000 US-$ liegen. Wenn der Seal 2013 nach Deutschland kommt, dürften da andere, höhere, Zahlen auf dem Preisschild stehen.
Leistungsdaten
Das Top-Modell hat eine Systemleistung von fast 530 PS bei einem Drehmoment von 670 Nm. Der Spurt von 0 auf 100 wird so in 3,8 Sekunden erledigt. Die Reichweite soll laut chinesischem WLTP-Zyklus (CLTC) bei bis zu 700 Kilometern liegen. Nach dem der Tang mit 400 km angegeben ist und bei konstant 120 km/h (siehe oben) gerade mal 263 km (Batteriegröße: 83,4 kWh) weit kommt, sollte man die Angaben mit Vorsicht geniessen.
Infotainment & Co
Dass vor allem junge Chinesen ganz andere Prioritäten setzen, wird schnell klar, als der Youtuber sich des Infotainments annimmt. Hier ist Responsivität gefragt und natürlich die Möglichkeit, via BYD App-Store das System zu supern. Fun-Fact: beim Aufrufen von TikTok dreht sich der 15,6 “ große Monitor in der Mitte automatisch auf Hochformat. Die GUI des Systems ist typisch Chinesisch-Bunt. Für westliche Augen etwas sehr grell, was man durch andere Skins jedoch jederzeit ändern kann. Ansonsten verfügt das Top-Modell über alle Annehmlichkeiten eines Premium-Fahrzeugs. Sogar ein Frunk ist vorhanden. Der Kofferraum ist mehr als ausreichend.
e-engine meint: Wer die Chinesen immer noch nicht ernst nimmt, der wird ein böses Erwachen haben. Die Geschwindigkeit, mit der die dortigen OEMs neue elektrische Modell auf den Markt bringen, ist atemberaubend. Hinzu kommt ein Design, das zumindest wir in der Redaktion als angenehmer empfinden, als die deutschen Fahrzeuge, mit unzähligen konvexen und konkaven Sicken an Stellen, die kaum nachvollziehbar sind. Durch die günstigen Herstellungskosten dürften die chinesischen Fahrzeuge der deutschen Mittel- und Oberklasse das Leben mehr als schwer machen, zumal die Ausstattung, vor allem bei digitalen Belangen, den Deutschen OEMs in der Regel überlegen ist. 2023 wird für die Premium-OEMs schwer werden, denn mit der Konjunktur-Abkühlung wird der Ottonormaverbraucher verstärkt aufs Geld schauen.